Herr Steinmetz, als Bindeglied zwischen Wirtschaft und Politik, wie ist die Sichtweise der IHK auf die Debatte um den Verbrennungsmotor?

Wir unterstützen die Ziele Klimaneutralität und Verbesserung der Luftqualität. Dass die Pläne der EU-Kommission für schwere Nutzfahrzeuge weniger restriktiv sind als für Pkw, begrüßen wir. Allerdings halten wir das de facto Verbrenner-Aus für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge für nicht sinnvoll. Die von der EU-Kommission vorgegebenen Ziele sind ambitioniert. Aus unserer Sicht ist ein schneller Ausbau der notwendigen Ladeinfrastruktur für Elektro-Fahrzeuge und des Wasserstofftankstellennetzes dringend notwendig. Außerdem müssen alternative Kraftstoffe wie Bio-LNG, Bio-CNG und e-fuels schnell verfügbar sein, damit die Flottengrenzwerte eingehalten werden können.
Die Frist zwischen Verabschiedung und Inkrafttreten der Norm sowohl für Hersteller als auch für Genehmigungsbehörden ist zu kurz, wodurch Preisanstiege und Angebotsverknappungen drohen.
Zudem befürchten wir durch immer striktere Regulierungen für den Automobil- und Transportsektor einen Wettbewerbsnachteil für Deutschland und Europa.

 

Wie ist die Stimmung bei den Industrieunternehmen? Welche Herausforderungen und Sorgen werden an Sie herangetragen?

Unsere Konjunkturumfrage im Februar hat gezeigt, dass die Lage bei den Industriebetrieben stabil, aber mit großen Unsicherheiten verbunden ist. Fachkräftemangel, gestiegene Energie- und Rohstoffkosten sowie Unsicherheiten mit Blick auf die weltwirtschaftlichen Herausforderungen sind wesentliche Geschäftsrisiken. Das gilt ganz besonders für unsere Industrie.
Die Industrie und insbesondere die mittelständischen Betriebe müssen derzeit einen tiefgreifenden Transformationsprozess meistern. Um die Wertschöpfung in der Region unter diesen Bedingungen zu steigern, braucht es neue Strategien, neue Prozesse und Produkte. Dafür benötigen Unternehmen verlässliche Rahmenbedingungen. Das gilt für den Faktor sichere und bezahlbare Energie ebenso wie für Förderbedingungen und die Verfügbarkeit von Gewerbeflächen. Da steht die Politik auf allen Ebenen in der Pflicht. Schnelligkeit und Bürokratieabbau müssen einher gehen mit einer klaren Prioritätenliste. Nur so können die Energie-, die Verkehrs- und die Zeitenwende gelingen.

 

Derzeit bewegen wir uns in einem Spannungsfeld zwischen Versorgungssicherheit und Energiewende. Welche Lösungsansätze sieht die IHK, damit die Transformation erfolgreich gelingen kann?

Der Status Quo der Energiekrise darf nicht zum neuen Standard werden. Deshalb sollte die Entscheidung, konventionelle Erzeugungskapazitäten abzuschalten, nicht aufgrund festgelegter Ausstiegsdaten ohne Weiteres durchgesetzt werden. Vielmehr ist eine detaillierte Abschätzung der Folgen für Versorgungssicherheit, Netzstabilität, Energiekosten erforderlich.
Um eine Deindustrialisierung und damit einhergehend den Abbau von Arbeits- und Ausbildungsplätzen zu vermeiden, brauchen wir einen verbindlichen, beschleunigten Einstiegs- und Umsetzungsplan für regenerative Energien und neue gesicherte Leistung. Dieser Plan muss realistisch aufzeigen, wie der Ausstieg aus der Kohle bis 2030 funktionieren kann, ohne dass es zu einer instabilen oder lückenhaften Versorgung kommt. Zusätzliche Strombedarfe, die beispielsweise durch die politisch geforderte E-Mobilität hervorgerufen werden, müssen dabei berücksichtigt werden.
Außerdem setzen wir uns dafür ein, dass Strukturwandelgelder bei den Unternehmen ankommen und nicht für allgemeine Aufgaben der Region zweckentfremdet werden. Deshalb unterstützen wir das Förderprogramm „Zukunftsgutscheine“ des Landes NRW. Es unterstützt kleine und mittlere Unternehmen des Rheinischen Reviers bei der Transformation der Geschäftsmodelle in Richtung grüne Märkte.

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